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Die Flick-Connection

Anne-Katrin Mellmann16. Dezember 2002

Konzern-Erbe Friedrich-Christian Flick sucht ein Museum für seine riesige Kunstsammlung. Pikant: An den Bilder klebe Blut von Zwangsarbeitern, so die Vorwürfe.

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Sucht ein Zuhause für seine Kunst: Milliardär und Kunstsammler FlickBild: AP

Jetzt ist es amtlich: Die Kunstsammlung des milliardenschweren Erben des Flick-Konzerns, Friedrich-Christian Flick, kommt nach Berlin. Zuerst verhandelte Flick mit seiner Heimatstadt Zürich, doch nach öffentlichen Protesten in der Schweiz wurde Berlin sein Verhandlungspartner.

Wenn zwei sich streiten

Friedrich Flick vor dem Kriegsverbrechertribunal in Nürnberg
Flick in NürnbergBild: Getty Images/Keystone

Dabei wollte Zürich alle Register ziehen: eine eigenes Museum auf Kosten der Stadt, gebaut von Stararchitekt Rem Koolhaas. Doch irgendwann wurde Flick der Streit um das Vorhaben zu viel: Die Schweizer Kulturszene warf ihm vor, die Kunstwerke mit dem Geld seiner Vorfahren gekauft zu haben, die in der NS-Zeit Zwangsarbeiter beschäftigten. Der Forderung, endlich in den Fond zur Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter einzuzahlen, und damit seine Erbschuld einzusehen, entgegnete Flick: "Wie kann ich schuldig sein für etwas, das ich nicht getan habe?".

Der 58-jährige ist der Enkel des in Nürnberg als Kriegsverbrecher verurteilten Friedrich Flick – der wichtigste Rüstungslieferant Hitlers. Friedrich-Christian Flick begann schon in den 70er-Jahren, zeitgenössische Kunst zu kaufen. Seine Sammlung beinhaltet Werke von Künstlern wie Francis Picabia, Marcel Duchamp, Düsseldorfer Fotokünstler wie Andreas Gursky und Thomas Ruff und umfassende Werkgruppen von Dieter Roth und Sigmar Polke. Außerdem besitzt Flick die weltgrößte private Sammlung von Bruce Nauman. Genaue Angaben über die einzelnen Werke oder die Zahl der Kunstschätze gibt die Flick-Collection mit Sitz in Zürich nicht heraus. Nur soviel steht fest: Die rund 2500 Werke wurden noch nie öffentlich ausgestellt.

Schweizer Kulturschaffende glaubten auf die Pläne von Flick und der Stadt Zürich politisch korrekt zu reagieren. Das Direktorium des Zürcher Schauspielhauses, darunter Intendant Christoph Marthaler, zum Beispiel wollte keiner Sammlung "Asyl" gewähren, "die in Deutschland wegen der Familiengeschichte der Sammler abgelehnt würde". Falsch gedacht.

Schon kurze Zeit später zeigte sich, dass Berlin weniger Berührungsängste mit dem Namen Flick hat. Im Juli 2002 begann die Stiftung Preußischer Kulturbesitz mit Flick zu verhandeln – eine Meldung, die in Deutschland vergleichsweise gelassen aufgenommen wurde.

Geschenktem Gaul schaut man nicht ins Maul

Alice Ströver, kulturpolitische Sprecherin der Fraktion der Bündnisgrünen im Berliner Abgeordnetenhaus, zeigte sich empört über den "geschichtslosen Umgang" der Stadt Berlin mit dem Thema Flick. Wegen Friedrich-Christian Flicks Weigerung als Privatperson in den Entschädigungsfond für ehemalige Zwangsarbeiter einzuzahlen, schlug ihm Ströver im Juli dieses Jahres eine Beteiligung an den Kosten für das Dokumentationszentrum "Topographie des Terrors" vor. Flick lehnte auch das ab und verwies auf seine neu gegründete "Stiftung gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Intoleranz".

Ströver ist das zu wenig. Sie ist der Auffassung, dass die Frage: "Leistet sich Berlin ein "Flick-Museum" und damit gleichzeitig die Rehabilitierung des Namens?" nicht allein der Stiftung Preußischer Kulturbesitz überlassen werden kann. Die Grünenpolitikerin fordert deshalb eine öffentliche Debatte. Doch angesichts der "unangemessenen Geheimhaltungspolitik" der Beteiligten sei das schwer.

Nach monatelangem Schweigen über den Stand der Verhandlungen lüftete die Stiftung Preußischer Kulturbesitz am 5. Dezember 2002 das Geheimnis: Dass die Sammlung kommt, sei klar, so der Sprecher der Stiftung Mathias Henkel vor der Presse. Allerdings könne man noch keine Aussagen darüber machen, wann und in welchem Umfang Berlin die Flick Collection zeigen kann. Schließlich handele es sich um ein "schwebendes Projekt", sagte Henkel im Gespräch mit der DW-WORLD und bezeichnete das Verhalten der Stiftung als "adventliche Zurückhaltung".

Ausstellungsort New York?

Werke von Bruce Nauman
Kein Bruce Nauman für BerlinBild: AP

Neben Berlin zeigt inzwischen auch New York Interesse an der Flick-Collection. Die Dia Art Foundation buhlt aber nur um die Werke von Bruce Nauman. Flick hat noch nicht entschieden, welche Stadt wie viele Kunstwerke bekommt. Der Großteil soll nach Berlin. Warum sich Flick für Berlin als Ausstellungsort seiner Sammlung interessiert – darüber wollte die Flick-Collection in Zürich keine Auskunft geben. Nur soviel: Man freue sich darüber, dass die Werke, die allesamt in Zürich gelagert werden, nun endlich ausgestellt werden können.