1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Land der Gegensätze

21. April 2008

Auch Jahre nach dem Ende der Stroessner-Diktatur ist Paraguay ein Land der sozialen Gegensätze. Der General hatte das südamerikanische Land einst zu einen Asyl für ehemalige Gewaltherrscher gemacht.

https://p.dw.com/p/DlXL
Fernando Lugo (Quelle: AP)
Der Wahlsieger: Fernando LugoBild: AP

Fernando Lugo wird neuer Präsident von Paraguay: Mit diesem Wahlsieg wird die konservative Colorado-Partei (Asociación Nacional Republicana-Partido Colorado – ANR-PC) von der Macht abgelöst – nach über einem halben Jahrhundert. Seit 1947 ist die Colorado-Partei in dem kleinen südamerikanischen Land zwischen Brasilien, Argentinien und Bolivien ununterbrochen an der Macht. Unter der Diktatur von General Alfredo Stroessner zwischen 1954 und 1989 war sie die Staatspartei, in manipulierten Wahlen gewann sie immer zwei Drittel der Mandate.

Alfredo Stroessner (Quelle: AP)
Alfredo Stroessner (undatiertes Foto)Bild: AP

Zufluchtsort für Nazis und Diktatoren

Der deutschstämmige Offizier Stroessner hatte sich am 6. Mai 1954 an die Macht geputscht, die er über acht Amtszeiten behielt. Er regierte autoritär mit harter Hand, mit 35 Jahren Regierungszeit eine der längsten in Lateinamerika. Seine Colorado-Partei besetzte alle wichtigen Positionen und unterlag erst im April 2008 bei Präsidentschaftswahlen einem Mitte-Links-Bündnis. Außenpolitisch positionierte sich Stroessner vor allem durch strikten Antikommunist und wurde als solcher während des Kalten Krieges von den USA unterstützt. Unter seiner Herrschaft wurde Paraguay ein Zufluchtsort für deutsche Nazis und gestürzte lateinamerikanische Diktatoren. Der von den Sandinisten aus Nicaragua vertriebene Diktator Anastasio Somoza war ebenso willlkommen wie der berüchtigte KZ-Arzt Josef Mengele, der 1959 sogar eingebürgert wurde. Politische Gegner verfolgte Stroessner unerbittlich: Menschenrechtsorganisation schätzen die Zahl der "Verschwundenen" auf mehrere tausend. 1989 wurde Stroessner durch einen Militärputsch gestürzt, er floh ins Exil nach Brasilien, wo er 2006 im Alter von 93 Jahren starb. Paraguay hatte vorher vergeblich seine Auslieferung gefordert.

Karren mit zwei Ochsen und Fahrer (Quelle: AP)
Die Landwirtschaft ist der wichtigste Wirtschaftszweig ParaguasBild: AP

Land der sozialen Gegensätze

Nach Jahrzehnten rechter Diktatur ist Paraguay nach wie vor ein Land sozialer Gegensätze. Im Jahr 2005 war Paraguay nach Angaben der Vereinten Nationen unter den Land mit einer der ungleichsten Einkommensverteilungen weltweit. Ein Drittel der knapp sechs Millionen Einwohner lebt in Armut. Die Landwirtschaft trägt rund ein Drittel zum Bruttoinlandsprodukt bei und ist damit der wichtigste Wirtschaftssektor des rund 400.000 Quadratkilometer großen Landes. Hier ist die soziale Spaltung besonders groß: Zwei Prozent der Bevölkerung besitzen 72 Prozent des Bodens. Nicht ohne Grund plant der Wahlsieger Fernando Lugo eine Bodenreform.

Ebenfalls ein Erbe der Diktatur ist die Korruption. Transparency International hat Paraguay mehrfach als das lateinamerikanische Land mit der meisten Korruption eingestuft. (det)